Ton Steine Scherben – Jenseits von Eden.

Der Song erschien auf der LP IV. Wegen des schwarzen Covers wird sie auch Die Schwarze genannt. Die meisten Songs wurden durch Tarotkarten inspiriert. Der Song Jenseits von Eden wurde durch die Tarotkarte Das Rad des Schicksals inspiriert, die für die ständigen Veränderungen, das Schicksal und für den Zufall steht. 
Viele Ton, Steine, Scherben Fans konnten mit dieser LP wenig anfangen. Eine LP mit experimentellem Sound und politische Slogan fehlen, wie noch auf der ersten LP Keine Macht für Niemand. Die Texte enthalten sehr viele Metaphern und sind nicht eindeutig. Hörenswert wird der Song durch den hektischen und gehetzten Gesang
Ein gute Coverversion stammt von der Band Die Sterne mit dem Sänger Frank Spilker. Die Band gehört wie Tocotronic und Blumfeld zur sogenannten „Hamburger Schule“.
In der Bibel steht: Kain und Abel sind die Söhne von Adam und Eva, den ersten Menschen auf der Erde. Kain war Ackerbauer und sein Bruder Abel Hirte. Aus Eifersucht erschlug Kain seinen Bruder Abel, weil Gott sein Opfer bevorzugte. Nach diesem Mord verfluchte ihn Gott und Kain verlässt seinen Grund und Boden. Gott schützte ihn mit dem sogenannten Kainsmal vor der Blutrache.

So ging Kain hinweg von dem Angesicht des Herrn und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.1

In dem Song Jenseits von Eden singen Ton, Steine, Scherben auch über einen Mord. Jedoch über die Ermordung einer Gruppe von Menschen.

Schütze uns vor Gestern
Eins neun dreiunddreißig2

Inhalt des Songs ist die Ermordung der europäischen Juden

Wo warst du im Krieg?
Weißt du, was ich meine?
Du warst auf der Suche,
ich war auf der Flucht.
Hörst du die Räder rollen?2

Der Text fragt nach „individueller Teilhabe und Verantwortung am NS-Regime“5. Der Schlagzeuger Wolfgang Seidel erklärte dazu

Ein Text wie Jenseits von Eden ist ein politischer Text. Er enthält einen ganz klaren Hinweis auf Auschwitz. Die Räder, die in dem Text durch die Nacht rollen, sind die Züge nach Auschwitz.3

Rio Reisers Interesse an Religion zeigen die religiösen Bilder in dem Song4

Jenseits von Eden.
Euphrat und Tigris
Allah wollte es – so
Sechshundert sechsundsechzig2

Für die Bibel und den Koran lag das Paradies zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris. Auf Allah als Metapher für das Gute folgt die Zahl 666. Eine biblische Zahl, die für den Antichristen steht, und das Böse symbolisiert. Diese Textzeilen verweisen auf die Vertreibung aus dem Paradies.
Rio Reiser beendet den Song mit dem Ausruf Heil.  Heil drückt in religiöser Bedeutung die Erlösung aus. Eine Erlösung durch Religionen bezweifelt der Song nach der Vergasung der Juden in Auschwitz

Die Sterne – Jenseits von Eden

Hält Gott die Zehn Gebote?2

Dieser Zivilisationsbruch ist unbegreiflich und der einzelne reagiert mit Ratlosigkeit

Ach, ich spring ins Leere.
Halleluja Schwestern
Ich hab den Text vergessen,
ich bin mein Fragezeichen.2

Wie kann in Zukunft ein erneuter Massenmord verhindert werden

Liebe, was ist das?
Das ist das Leben in der Stadt,
was soll daran schlecht sein?2

Die Antwort ist (christliche nächsten) liebe. Das ist schön und naiv. Massenmörder lassen sich nicht mit Liebe aufhalten, wenn sie die Ermordung bestimmter Gruppen von Menschen planen oder durchführen. Aber vielleicht hat das auch Rio Reiser erkannt

Liebe hat schwache Worte.2

1) EKD. Predigt im Berliner Dom im Rahmen der Predigtreihe: „Und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 4, 1-16). Hermann Barth. Abgerufen am 11. August 2023
2) Genius. Ton, Steine, Scherben. Jenseits von Eden. Abgerufen am 11. August 2023.
3) Testcard. Beiträge zur Popgeschichte. # 12: Linke Mythen. Venti Verlag. S.9.
4) Deutschlandfunk Kultur. Kritisch, aber gläubig. Rio Reiser und die Religion. Hannes Eyber im Gespräch mit Philipp Gessler · 21.08.2016. Abgerufen am 13. August 2013.
5) Ole Löding. Deutschland Katastrophenstaat. Der Nationalsozialismus im politischen Song der Bundesrepublik. 2010 Transcript Verlag. Bielefeld. S.391

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