Franz Kafka. Blumfeld, ein älterer Junggeselle
Einleitung
Blumfeld, ein älterer Junggeselle, ist eine absurde und groteske Kurzgeschichte Kafkas. Ein älterer Mann ist unfähig, mit seiner Umwelt angemessen zu kommunizieren und fühlt sich von den Ansprüchen seiner Umwelt überfordert. Deshalb führt er ein zurückgezogenes Leben.
Die Kurzgeschichte erzählt von seinem Privatleben und den Konflikten im Büroalltag. Kafka kannte den Arbeitsalltag. Von 1908 bis zu seiner krankheitsbedingten Pensionierung 1922, arbeitete Kafka in seinem „Brotberuf“ als Versicherungsjurist.
Er verfasste diese Kurzgeschichte 1915, die nach seinem Tod veröffentlicht wurde.
Inhalt
Der Junggeselle Blumfeld lebt allein und hat wenig Kontakt mit anderen Menschen. Er schwankt zwischen dem Widerspruch, ein Leben in Einsamkeit zu führen und dem gleichzeitigen Wunsch nach Gemeinschaft. Wegen seiner Ordnungsliebe lehnt er einen Hund als Begleiter ab. Er besitzt feste Gewohnheiten und fürchtet sich vor Störungen seiner täglichen Routine.
Eines Tages wird sein eintöniger Feierabend gestört. Zwei Tischtennisbälle springen in seiner Wohnung auf und ab.
Die Bälle folgen ihm oder verbergen sich hinter seinem Rücken. Er versucht die Bälle zu ignorieren und verhält sich wie immer in unübersichtlichen Situationen.
Bisher hat Blumfeld immer in allen Ausnahmefällen, wo seine Kraft nicht hinreichte, um die Lage zu beherrschen, das Aushilfsmittel gewählt, so zu tun, als bemerke er nichts.2
Die Bälle verstärken sein Gefühl von Einsamkeit.
den Gleichtakt der Sprünge und seiner eigenen Schritte zu hören, schmerzt ihn fast.3
die Bälle beherrschen seinen Feierabend
bedeutet schon ihr Dasein eine bestimmte Macht.4
Am nächsten Morgen kann er die Bälle in einem Kasten „fangen“.
Blumfeld arbeitet als Angestellter in einer Wäschefabrik. Er leidet unter einer geringen Anerkennung und vermisst die Wertschätzung seiner Arbeit. Er weckt den Neid seiner Arbeitskollegen, weil er für seine Abteilung weitere Mitarbeiter fordert.
Der geringe Kontakt zu anderen Menschen ist auch eine Folge seiner Überheblichkeit. Seine Haushaltshilfe spricht er schlicht die Existenzberechtigung ab.
Blumfeld begreift es nicht, warum solche Menschen wie die Bedienerin auf der Welt gedeihen und sich fortpflanzen.5
Auch seine Mitarbeiter hält Blumfeld für unfähig. Sie erscheinen zu spät zur Arbeit und erledigen ihre Arbeit lustlos. Sie fühlen sich von Blumfeld schlecht behandelt. Blumfeld empfindet andererseits das Verhalten seiner Mitarbeiter ihm gegenüber als respektlos.
Die Geschichte endet mit einer Slapstick-Szene. Der Streit um einen Besen zwischen einem Diener und einem Praktikanten erinnert an das Auf- und Abspringen der Tischtennisbälle.
Zusammenfassung
Blumfeld will die Bälle zerstören, denn sie sind ein Zeichen seiner persönlichen Schwächen, die er vor den anderen verbergen möchte.
Solange sie hinter ihm her waren, konnte man sie für etwas zu ihm Gehörigen halten, für etwas, das bei der Beurteilung seiner Person irgendwie mit herangezogen werden musste,1
Die Bälle enttarnen seine Schwächen und persönlichen Defizite: sein Gefühl von Einsamkeit und die Unfähigkeit, diesen Zustand zu ändern. Seine Überheblichkeit gegenüber anderen Menschen und dem gleichzeitigen Wunsch nach einer stärkeren Anerkennung. Eine Überheblichkeit, die nicht verhindert, dass er sich anderen Menschen unterlegen füllt.
Blumfeld beherrscht nicht die springenden Bälle in seiner Wohnung und ist unfähig, die Schwierigkeiten in seinem Leben zu lösen.
Diese Kurzgeschichte spiegelt Kafkas eigene Lebenssituation wider. Er beschreibt seine Schwierigkeiten mit Ironie und Komik.
1)Er. Prosa von Franz Kafka. Band 97 der Bibliothek Suhrkamp.
Auswahl und Nachwort von Martin Walser. Erstes bis zehntes Tausend 1963
S.113
2) ebenda S.103
3) ebenda S.103
4) ebenda S.105
5) ebenda S.117
Popmusik: Blumfeld. Jeder geschlossene Raum ist ein Sarg.