Ernest Hemingway. Fiesta
Einleitung
Als wir ans Ende der Anhöhe kamen, sahen wir die roten Dächer und weißen Häuser von Burguete vor uns in der Ebene aufgereiht und in der Ferne an der Flanke des ersten dunklen Bergs das graue, mit Metall verkleidete Dach des Klosters von Roncesvalles3
Die Story wird aus der Perspektive des Journalisten Jacob Barnes sachlich und distanziert erzählt. Der Roman erzählt vom Beziehungsgeflecht innerhalb Barnes Bekanntenkreis. Menschen, die aus verschiedenen Gründen in Paris strandeten. Barnes und seine Bekannten treffen sich überwiegend in Cafés und Restaurants, in denen sich später auch die Existentialisten trafen. Sie sind trinkfreudig und leben wie Bohème orientierungslos in den Tag-Hinein. Für sie wird das gesamte Leben zu einer Dauerparty, zu einer Fiesta.
Der Roman besitzt keine durchgehende Handlung, enthält sehr viel wörtliche Rede, mit belanglosen Gesprächen und erzählt von den Eifersüchteleien zwischen den Freunden und dem neuesten Klatsch und Tratsch.
Der Zusammenhalt der Gruppe gründet sich nicht auf gegenseitige Sympathien, sondern ist eine „Notgemeinschaft“. Jeder braucht den Anderen, um seine eigene Bindungsunfähigkeit zu vergessen und sein Gefühl von Einsamkeit zu überwinden.
Tagsüber ist es ungeheuer einfach, alles auf die leichte Schulter zu nehmen, aber nachts sieht das ganz anders aus.1
Der Roman spielt um 1924. Die zentralen Orte sind Paris und Pamplona.
Inhalt
Ein Bekannter Jacob Barnes‘ ist Robert Cohn, ein Boxchampion und Schriftsteller. Cohn macht sich eigentlich nichts aus dem Boxen. Als Jude und Mitglied einer Minderheit stärkt er mit dem Boxen sein Selbstbewusstsein. Er bekommt durch das Boxen das Gefühl, er könnte jeden niederschlagen. Nach seiner Scheidung gründete Cohn mit seinem Erbe eine Literaturzeitschrift, die schnell pleite ging. Er siedelte nach Paris über und veröffentlichte einen erfolgreichen Roman. Der Erfolg stieg ihm zu Kopf und Barnes beschreibt ihn als unangenehmen Menschen.
Barnes ist Amerikaner, Journalist, liest Zeitungen über den Stierkampf und kämpfte als Soldat im 1. Weltkrieg. Er wurde an der italienischen Front verletzt und durch die Kriegsverletzung impotent. Er wird in ein Lazarett nach England verlegt. Dort lernte er Lady Ashley (Brett) kennen. Sie ist die zentrale Figur in dem Roman, eine Femme fatale. Barnes beschreibt die unübersichtlichen und komplizierten Beziehungen zwischen Lady Ashley und den anderen Männern. Jacob Barnes und Robert Cohn sind (waren) in Lady Ashley verliebt. Robert Cohn hatte mit Lady Ashley eine Affäre. Gleichzeitig plant Lady Ashley den Trinker und insolventen Mike zu heiraten. Andererseits steht sie anderen Liebschaften aufgeschlossen gegenüber und beginnt in Pamplona eine Affäre mit einem jüngeren Stierkämpfer. Dies steigert die Spannungen innerhalb der Gruppe und Robert Cohn reagiert mit Gewalt gegenüber dem jungen Torrero Romero und Jacob Barnes.
Barnes fährt mit dem Schriftsteller Bill nach Nordspanien zum Angeln. Im Gegensatz zum sonstigen langweiligen Leben beschreibt Hemingway das Leben in der Natur geradezu als paradiesisch.
Danach treffen sich die Freunde in Pamplona zur Fiesta. Hier beginnt der stärkste Teil des Romans. Die Fiesta findet jährlich vom 6. Bis zum 14. Juli statt und wird zu Ehren des Heiligen Firmin gefeiert. Teil der Fiesta ist eine Prozession und der bekannte Stierlauf. Die Stiere laufen durch die Straßen in die Stierkampfarena und die Menschen laufen mit den Stieren und hoffen nicht verletzt zu werden.
Bei dem Stierlauf in dem Roman wird ein Mensch getötet. Das geht in der allgemeinen Feierstimmung unter. Hemingway beschreibt den Stierlauf, den schrecklichen Stierkampf und die ausgelassenen Feiern in Pamplona sehr anschaulich. Tanz- und Musikgruppen verwandeln Pamplona in eine Partymeile. Barnes und seine Freunde feiern in Pamplona eine Party mit viel Alkohol. Nach einer Woche feiern, „erwachen“ sie mit einem doppelten Kater. Die Fiesta war eine Flucht aus der Belanglosigkeit des Alltags.
Jake hilft Lady Ashley in einer schwierigen Situation, und der Roman endet mit einem Gespräch.
Zwei Menschen, die zusammen sind und doch nicht zueinander finden.
<<Ach, Jake…wir hätten so eine verdammt gute Zeit miteinander haben können.>>
<<Ja>>.. <<Ist das kein schöner Gedanke?>>2
Zusammenfassung
Mit diesem Roman wurde Hemingway weltberühmt. Die Figur Barnes steht stellvertretend für die Erlebnisse Hemingways während des 1. Weltkrieges und für seine Aufenthalte in Paris und Spanien. Der Roman beginnt mit einem Zitat von Gertrude Stein, das sie gegenüber Hemingway äußerte
<<Ihr alle seid eine verlorene Generation>>
You are a lost generation4
Der Roman erschien 1925 und sollte ihn im Kontext seiner Zeit lesen. Zum Skandal wurde der Roman wegen der Beschreibung eines leichtlebigen Lebens. Es ist ein Roman über die Lost Generation. Menschen, die den 1. Weltkrieg überlebten und desillusioniert in Paris lebten. Die Menschen waren froh, den 1. Weltkrieg überlebt zu haben und feierten ihr Überleben und das Leben. Nach dem Massentöten im 1. Weltkrieg forderte die Spanische Grippe zwischen 1918 und 1919 in Europa und in den USA Hunderttausende Tote. Dieses Leid wollten die Menschen vergessen. Sie lebten nur für den Augenblick.
Dieses Buch kann auch als ein historisches Dokument gelesen werden, das das Lebensgefühl (einiger) junger Menschen nach dem 1. Weltkrieg beschreibt.
Andererseits ist der Roman aktuell. Der gültige Zeitgeist interessiert sich wenig für die Vergangenheit und das Fehlen von sozialen Utopien fördert das Leben für den Augenblick und die Flucht aus der Realität.
Ich las den Roman überwiegend als Vorbereitung für meine Wanderung in den Pyrenäen, weil ich durch eine Region wanderte, die Hemingway in seinem Roman beschreibt.
1) Ernest Hemingway. Fiesta. Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Rowohlt Verlag GmbH. 1. Auflage Juli 2013. S. 50
2) ebenda S. 327
3) ebenda S. 140
4) Wikipedia. Lost Generation.
Popmusik. The Divine Comedy – The Booklovers